TSG Doku - Deniz Solmaz - Einfach Anders

Folge 5: Konkurrenz belebt das Geschäft

TSGMedia: Ende 2017 wurde bekannt, dass euer großer Konkurrent in der Stadt mit der finanzstarken Teutonia Watzenborn zusammen geht. Was waren deine Gedanken damals?

Deniz: Nunja, dass es immer wieder Vereine versucht haben, unseren Platz zu erobern als einer der führenden Ausbildungsvereine war nichts neues. Die Dimension, die dieser Zusammenschluss annehmen sollte, war schon eine ganz andere Liga. Von einem neuen NLZ war die Rede. Wir galten in der Anfangszeit als tot gesagte, Pleite sollten wir ja ohnehin schon seit Jahren sein (lacht). Unsere Jungs mussten sich in der Schule anhören, dass Wieseck bald von dem neuen FC Gießen aufgefressen wird und wir keine Zukunft mehr haben. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich zwei bis drei Tage zu Beginn auch Bauschmerzen hatte. Wir haben so viel Investiert in diesen Verein, hatten die Kritiker recht? Die beiden ersten Tage waren krass und sind dann aber in gnadenlose Motivation gemündet. Ich wollte nicht akzeptieren, dass wir auf den absteigenden Ast gedrängt werden.

TSGMedia: Welche Entscheidungen hast du danach getroffen und was hat diese Situation mit Euch gemacht?

Deniz: Ich brauchte etwas um mich zu sammeln und habe dann aber sehr schnell in Angriff umgeschaltet. Ich wusste aus gut informierten Kreisen eigentlich immer genau, was dort drüben geplant war, das war ein Vorteil. Ich habe sofort unsere guten Kontakte in Deutschland angerufen um den Ruf als Ausbildungsverein weiter zu festigen. Ich habe versucht den Spieler und die Trainer noch mehr in den Fokus zu rücken, die Ausbildung und die freie Wahl des Vereins nach der Ausbildungszeit waren ein Pfund für uns. Auch haben wir massiv Gespräche mit Sponsoren und Unterstützern geführt. Dieses etwas vollmundige Gerede vom Nachbarn hat zu viel Solidarität geführt.

TSGMedia: Was hat sich dann alles geändert?

Deniz: Wir wollten zeigen, dass Geld im Jugendfussball nicht die wichtigeste Rolle spielt, wir aber auch Resourcen brauchen, um unsere Struktur zu verbessern. Wir haben eine neue Geschäftsstelle gebaut, die mittlerweile 180 Quadratmeter besitzt. Darin integriert ist der Fanshop, zwei Büros, eine Küche, eine Sauna und Sanitäranlagen. Den Etat konnten wir mit unfassbar tollen Menschen zusammen fast verdoppeln. Wir haben die Tribüne bestuhlt im Stadion, wir haben eine Tribüne gebaut auf dem Kunstrasen. Fünf Busse haben wir jetzt, um die deutschlandweiten Testspielreisen zu bewältigen. Der Trainerstab wuchs von 35 auf jetzt knapp 60 Trainer. Diese vermeintliche Bedrohnung hat uns alle total zusammengeschweißt. Einziger kleiner Nachteil ist, dass die Arbeitslast von mir leider doch etwas aus dem Ruder gelaufen ist, aber es musste sein. Konkurrenz belebt das Geschäft und uns hat sie super gut getan.

TSGMedia: Im März 2020 kam es zum Lockdown und ein richtiges Fußballjahr kam 2020 nicht zu stande. Wie habt ihr es weggesteckt?

Deniz: Diese Lockdown-Phase hat uns menschlich doch ziemlich getroffen. Uns war der zwischenmenschliche Umgang untereinander und auch mit den Spielern super wichtig. Sicherlich hingen ein paar Kollegen etwas durch, aber das konnten wir uns nicht erlauben. In einer internen Besprechung im Sommer flogen dann mal kurz die Fetzen, denn in der Krise zeigt sich der wahre Charakter. Danach haben wir hier alle angepackt, die Bauprojekte wurden dann alle auf einmal angestoßen und verwirklicht. Corona hat dem Verein nicht geschadet, sondern eher weitergebracht. Sponsoren und Unterstützer sind alle dabei geblieben und wir konnten auch noch neue dazu gewinnen. Viele strukturelle Dinge haben wir dort erledigen können. Ich denke, dass wir super aufgestellt sind.

Nichtsdestotrotz finde ich den Preis den die Kinder und Jugendlichen bezahlen viel zu hoch. Die Politik muss da differenzieren. Ich wünsche mir, dass das Training analog zu den Schulöffnungen wieder fortgeführt wird.

Zum Abschluss der Interview-Reihe wagen wir einen kleinen Ausblick:

Strukturell werden wir uns breiter aufstellen müssen. Wir in der Führung müssen noch professioneller arbeiten. Der Social Media bereich wird noch massiv ausgebaut. Ferner stößt unsere Infrastruktur an ihre Grenzen. Das Neue Flutlicht im Stadion und der neue Soccerplatz auf unserem Gelände sollen uns entlasten. Ferner müssen wir kurz- und mittlerfristig die Geschäftsstelle erweitern. Die beiden Büros reichen da nicht. Ein VIP-Bereich soll folgen. Was sich bei uns aber nie ändern wird, ist die Spielerzentrierung. ALLES muss ausgerichtet sein auf die Bedürfnisse der Spieler, denn sie sind der Grund, warum es uns überhaupt gibt!

Im Mai planen wir die nächste Reise nach Auschwitz. Im Juli findet unsere alljährliche Klausurtagung der Trainer erstmals in Österreich für sechs Tage statt und im Dezember wollen wir unseren Ex-Wiesecker Luca Waldschmidt in Lissabon besuchen.

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